Einleitung:

Eines der wohl schönsten Dinge im 3d-Bereich sind wohl Characteranimationen. Allerdings gilt es viele Hindernisse zu überwinden, bis man einen wirklich gut funktionierenden Charakter erschaffen hat: Erstmal das Modelling (hierfür gibts vorerst kein Tutorial), dann das erstellen eines Skeletts, mit dem man anschließend das Modell des Characters verknüpft (z.B. mit Phsique oder dem Haut-(Skin-Modifier). Und schlussendlich die Animation.
Neben dem Modell an sich, braucht man vorallem das Verständnis ein Skelettsystem aufzubauen, welches sich letztendlich auch gut animieren läßt. Ich selbst bin gerade erst dabei mich in diese Materie einzuarbeiten, trotzdem glaube ich, daß es sich nun schon lohnt ein kleines Tutorial dazu zu schreiben. Allerdings solltet Ihr dieses Tutorial nicht als die Heilige Bibel betrachten! Es ist nur ein Weg von vielen, einen Character zu bonen, und sicherlich nicht der eleganteste.

Hier auch ein Aufruf in eigener Sache: Es gibt mit Sicherheit den einen oder anderen, der in diesem Gebiet mehr Ahnung hat als ich. Gerade von diesen Leuten wäre ich sehr an einer kritischen Bewertung des Tutorial interessiert. Aber auch die Meinung unerfahrener User ist mir wichtig! Was könnte an dem Tut besser sein, ist es totaler Schrott oder hat eure Erwartungen erfüllt? Vergesst dabei aber nicht, daß es sich hier nur um den ersten Teil handelt! Es werden noch ein paar weitere folgen, bis ein kompletter Character zum Leben erweckt wurde...

Und noch etwas anderes vorneweg: Warum nicht Character-Studio benutzen? Sicherlich hat CS seine Daseinsberechtigung und viele Dinge werden einem damit abgenommen. Leider ist man bei CS2.2 immernoch auf Bipeds (Zweibeiner) beschränkt. Bei einem Pferd oder einem Skorpion ist man dann total aufgeschmissen. Deshalb: lieber gleich richtig anfangen, und die Basics der Characteranimation kennen, als sich auf die dämlichen, sturen Automatismen von CS zu verlassen.
Dennoch ist der Kauf einer CS-Lizenz von Vorteil: allein wegen des beiliegenden Physique-Modifiers, der es erlaubt das Skelett eines Characters mit einem Mesh zu verknüpfen. MaxR3 bietet zwar den Haut-(Skin-)Modifikator an, der jedoch in seinen Features sehr beschränkt ist. Eine weitere Alternative ist Bones Pro von Digimation (leider kenne ich das Plugin nur rudimentär, kann also nicht näher darauf eingehen). Die Funktionen von Bones Pro ähneln aber denen von Physique.

In diesem Tutorial lernt Ihr einige Grundbegriffe über FK (forward Kinematik) und IK (Inverse Kinematik). Ohne etwas über deren Funktionsweisen zu wissen, ist es kaum möglich ein vernüftiges Skelett für Euren Character zu bauen.

Fangen wir mit der simpeln FK an: Man spricht bei Kinematik immer von Parent und Childs (Papa und Kind). Kinematische Systeme sind immer irgendwelche Ketten von Objekten, die einander unter- bzw. übergeordnet sind. Dabei ist das Parentobject immer der Chef, gibt an wohin sich der Rest (die untergeordneten Childs) hinbewegen oder -drehen müssen. Beginnen wir mit einem einfachen Beispiel, einem Arm:

Die Konstruktion der Bones (Knochen):

Zieht Euch im Ansichtsfenster von links (!, das ist wichtig, warum erkläre ich gleich) einen simplen Quader auf (20x20x100). Beginnt im Weltmittelpunkt (dort wo sich die schwarzen Linien kreuzen) mit einer qaudratischen Grundfläche (20x20) und zieht dann den Quader erst in die Länge (x100 Einheiten). Wenn ihr nun in der Änderungspalette an der Länge des Quaders herumspielt, wächst der Quader immer vom Weltmittelpunkt aus nach links oder nach rechts (diesen Effekt könnt ihr nur in den Ansichtsfenstern von oben, bzw. von vorne beobachten).

Zieht Euch einen ähnlichen Quader nun aus der Ansicht von "Oben" auf: achtet dabei darauf, das er dieselbe Ausrichtung hat, wie in Bild 1 zu sehen. Wenn ihr beide Quader aktiviert, als Referenz-Koordinatensystem "lokal" und als Auswahlmittelpunkt verwendet (beide Schaltflächen sind in der Hauptsymbolleiste zu finden), erkennt ihr schnell die Problematik.

Quader 1(grün) ist der erste, "richtige" Quader. Sein "lokales" Koordinatensystemkreuz liegt genau auf dem Weltmittelpunkt. Die Z-Achse zeigt im Bild nebenan nach links. Wenn Ihr die Höhe dieses Quaders ändert, ändert ihr die Höhe entlang seiner lokalen Z-Achse nach links.

Anders ist es bei dem zweiten Quader (rot), den ihr im Ansichtsfenster von "oben" aufgezogen habt: seine lokale Z-Achse zeigt nach oben, d.h. wenn ihr die Höhe dieses Quaders verändert, ändert ihr auch hier die Höhe in Richtung der lokalen Z-Achse. Da diese bei Quader 2 aber anders ausgerichtet ist wird der Quader nicht länger (jetzt rein vom optischen Aspekt her betrachtet), sondern höher (diese Auswirkung könnt ihr jedoch nur in anderen Ansichtsfenstern beobachten, von oben gesehen tut sich gar nix, da euch Quader 2 dann entgegenwächst).

Es genügt aber eigentlich schon ein Blick in die Änderungspalette: Quader 1 hat folgende Ausmaße: Länge20/Breite20/Höhe100. Quader 2 jedoch Länge20/Breite100/Höhe-20. Die zwei Quader haben optisch die gleiche Form, sind aber unterschiedlich konstruiert worden.

Verwirrt? Dann lest euch die Zeilen nochmals, Schritt für Schritt durch. Achtet dabei von welchem Ansichtsfenster die Rede ist, und ob nun Höhe oder Breite eines Quaders gemeint ist. Wichtig ist, daß Ihr versteht, warum ein Quader seinen "Lokalen Schwerpunkt" dort hat, wo er eben ist, und wohin die "lokale" Z-Achse zeigt: Immer aus dem Ansichtsfenster, in welchem ihr den Quader aufzieht, zu Euch heraus.

Was ist daran nun so wichtig?? Wenn ihr ein Kinematisches-System erstellt (egal ob nun IK oder FK), ist es extrem wichtig gleich von Anfang an darauf zu achten wo sich die Schwerpunkte der einzelnen Glieder befinden. Ein Grund dafür ist, daß sich die Glieder in einer kinematischen Kette immer um ihren lokalen Schwerpunkt drehen. Was nutzt euch also ein Oberarmknochen, der seinen Schwerpunkt in der Mitte hat, wenn er sich aber um sein Ende (an der Schulter) rotieren lassen soll??
Es ist sehr ärgerlich ein Skelett aufzubauen, und im Nachhinein festzustellen, daß die Schwerpunkte einzelner Knochen einfach nicht da sind wo sie hingehören. Die Schwerpunkte im Nachhinein dann an Ihren richtigen Platz zu schieben ist meist mehr Aufwand, als das Skelett nochmals richtig aufzubauen.

Beginnen wir also mit einem einfachen Arm: Setzt Euer Max zurück (Datei, zurücksetzen), und beginnt nochmals im Ansichtsfenster von "Links" einen Quader aufzuziehen. Er sollte die Größe von 20x40x60 haben. Dabei soll sein Schwerpunkt im Weltmittelpunkt liegen. Wenn Ihr mit der Snap-Funktion arbeitet, tut Ihr euch leichter.
Vergesst nicht: immer in dem Fenster, in welchem ihr einen Quader aufzieht, zeigt die lokale Z-Achse des entstehenden Quaders zu euch (aus dem Monitor heraus). In der Perspektivansicht im Bild nebenan blicken wir leicht von vornelinks auf den Quader. Auch hier kann man schön erkennen, das die lokale Z-Achse nach Links weist, x nach vorne, und y- in die Höhe. Die Ausmaße des Quaders betragen 20x40x60, 20 Einheiten in der lokalen y-Richtung, 40 in der lokalen x-Richtung und 60 Einheiten in der lokalen z-Richtung (der Höhe).

Dieser Quader bildet unsere Schulter (wird von Anfängern in der Charkteranimation gerne vergessen, ist aber wichtig!). In der Änderungspalette habt ihr die Möglichkeit den "Quader" in "Schulter_li" (die Linke Schulter) umzubenennen. Das ist später beim Einsatz von Skin oder Physique von großem Vorteil wenn die Bones richtige Namen haben, anstatt "Quader32" zu heissen. Man behält einen besser Überblick!

Danach solltet ihr noch folgendes beherzigen: Aktiviert Eure Schulter, wechselt in die Bewegungspalette und öffnet dort das Rollout "Controller" zuweisen. Klick auf "Drehung:TCB-Drehung", so daß die Schrift markiert ist. Klickt dann ein Stückchen weiter oben auf den grünen Pfeil "Controller zuweisen" . Wählt daraufhin in der erscheinenden Liste "Lokal Euler-XYZ" aus. Bevor Ihr auf OK drückt, klickt auf die Schaltfläche "als Vorgabe" und beantwortet die erscheinende Frage mit "Ja".
Was soll das ganze? Max benutzt verschiede Methoden (Controller eben) eine Rotation zu steuern. Die eine ist die "TCB-Drehung", eine andere die "Lokale Euler-Drehung". Ein wichtiger Unterschied ist der, daß bei Benutzung der "Lokalen Euler-Drehung" in der Spuransicht, BezierSplines die Drehung visuell darstellen (für jede Rotations-Achse xyz einzeln). Dies ist bei der TCB-Drehung nicht der Fall! Wenn es dann um Dinge geht, wie Beschleunigung (EaseIn, EaseOut), hat man bei Verwendung der "Lokalen Euler-Drehung" eindeutig den größeren Joker in der Hand. Die "TCB-Drehung" ist eigentlich schon eher veraltet und ist zu unübersichtlich. (Dies ist übrigens ein großer Vorteil dem CS-Biped gegenüber, welches immernoch mit dem TBC-Controller gesteuert wird!).
Dadurch, daß Ihr die "Lokale Euler-Drehung" nun als Vorgabe festgesetzt habt, braucht Ihr Euch in Zukunft keine Gedanken mehr über TCB und Euler machen. Jedem neuen Quader wird automatisch die "lokale Euler-Drehung" als Controller verpasst. Ihr könnt dies wieder rückgängig machen, wenn ihr wieder den TCB-Controller als Vorgabe anwählt (was ich allerdings nicht empfehle ;).

Nun aber weiter im Text:
An die Schulter folgt der Oberarm. Ihr könntet nun erneut einen Quader aufziehen, ich bevorzuge jedoch die Klon-Funktion:

Wechselt in das Ansichtsfenster von "Oben" und bewegt die "Schulter_li" mit gedrückter Shift-Taste nach links, bis der Klon in etwa an das Original anschließt. Das Bild links verdeutlicht die Situation besser. Ihr könnt erkennen das beide Quader dieselbe Orientierung haben, ihr lokalen Schwerpunkte zeigen in die gleiche Richtung. Benennt nun die geklonte Schulter in "Oberarm_li" um.

 




Nun müßt ihr noch die Größe verändern: Ein Oberarm ist länger, und etwas dünner als die Schulter. Wechselt in die Änderungspalette des "Oberarm_li" und gebt folgende Werte ein 18x25x130. Je nach Statur des Characters, den ihr mit diesem System mal verbonen werdet, sind die Größenverhältnisse natürlich anders, und müssen der jeweiligen Situation angepasst werden.
(Normalerweise hat man, während des Erstellens der Bones, den Charakter eingefroren im Hintergrund liegen, und kann sich so an den Proportionen des Meshs orientieren. Für dieses Einstiegstutorial, ist dies jedoch noch nicht notwendig).

 

Wiederholt die letzten paar Schritte und baut Euch somit noch einen Unterarm (klonen, umbenennen, Größe auf 18x25x110 ändern).

Was nun noch fehlt ist eine Hand. Auch hier verwenden wir das gleiche System: Klonen, umbenennen, Größe ändern). In diesem Beispiel verwenden wir eine einfache Hand aus drei Gliedern, jedoch ohne Finger. Das Bild links zeigt den fertigen Arm, inkl. Hand. Die beiliegende Maxdatei "Arm01.max" spiegelt diesen Zwischenstand wieder.

Achtet darauf, das alle Quader immer die gleiche lokale z-Achse besitzen. Beim Anpassen der Größen ist es euch vielleicht schon aufgefallen, das ihr immer die "Höhe" verändert habt, um die Z-Länge eines Gliedes anzupassen. Wenn man sich diesen Weg einprägt, ist es nach dem 3 Character schon Routine geworden, und ein Arm ist in 3 Minuten fertiggebaut.

Ihr könnt nun mit eurem Arm weitermachen, ich empfehle jedoch die Maxdatei "Arm01.max" zu laden, damit wir auch sicher vom gleichen sprechen und keine Mißverständnisse auftreten.

Das Verlinken der Bones:

Egal ob wir nun IK oder FK verwenden, Bones müssen verlinkt werden. Auch die Richtung der Verlinkung ist immer die gleiche: vom Kind zum Papa, egal mit welcher Methode (IK oder FK) nachher animiert wird. Überlegt mal: wer ist jetzt Papa, wer Kind? ...... denk.... denk..... die Schulter ist der Papa des gesamten Arms. Das allerletzte Handglied (Hand03_li) ist das letzte Kind (und muss somit allen anderen folgen). Wenn Papa Schulter sagt: "Wir gehen jetzt links!", zieht der Rest der darunterliegenden Kette mit.

Also beginnen wir nun mit dem Verlinken. Das dazu benötigte Werkzeug findet ihr in der Hauptsymbolleiste und sieht so aus (wenn ihr eine Verknüpfung zwischen zwei Objekten wieder trennen möchtet, benutzt ihr das danebenliegende Werkzeug ). Wie gesagt, man verlinkt immer vom Kind zum Papa, also aktiviert das Objekt Hand03_li und zieht mit gedrückter linker Maustaste rüber auf Hand02_li. Beobachtet dabei die grau-gestrichelte Linie, die dabei entsteht. Wenn ihr mit eurer Maus über Hand02_li angelangt seid, verwandelt sich der Mauszeiger in das Verknüpfungssymbol, und ihr könnt die Maustaste loslassen. Ein kurzes weisses Aufblinken verrät Euch, daß die Verknüpfung erstellt wurde. Hand02_li ist nun der Papa von Hand03_li.

Nun geht es weiter mit der Verlinkung von Hand02_li mit Hand01_li. Wieder dasselbe Spiel. Aktiviert Hand02_li, zieht mit dem Verknüpfungswerkzeug (linke Maustaste gedrückt) rüber zu Hand01_li, Maustaste loslassen, Verknüpfung erstellt. Usw..usw... bis ihr letztendlich den Oberarm mit der Schulter verknüpft habt. Fertig....!

Nun geht es an's Überprüfen eurer Verlinkung. Benutzt dazu das Bewegen-Werkzeug , und wählt z.B. den Unterarmknochen durch die Gegend. Während Schulter und Oberarm stehen bleiben sollten, folgen die drei Handbones brav ihrem Papi: dem Unterarm.... Macht das Verschieben mit strg+Z wieder rückgängig und verschiebt nun die Schulter. Der ganze restliche Arm folgt (schließlich ist die Schulter ja soetwas wie Big-Papi!). Wenn ihr nur den letzten Handbone verschiebt, folgt ihm niemand (die letzen Glieder haben schließlich nie was zu sagen!).

Ihr habt nun eine Kinematische Kette, verlinkte Bones, mit korrekten Schwerpunkten. Falls Ihr hier Probleme gehabt habt, einfach nochmal von vorne anfangen, oder die nächste Max-Datei "Arm02.max" laden.

Noch ein kleiner Tip: mit den Bild-auf und Bild-ab Tasten, könnt ihr ebenfalls die korrekte Verlinkung eurer Kette überprüfen. Dabei hüpft ihr bequem von einem Glied zum nächsten. Beim der späteren Arbeit mit Kinematischen Sachen sehr von Vorteil!

IK oder FK?

Wir sind nun an einem Punkt angelangt, wo wir uns für eine Methode des Animierens entscheiden müssen. Wollen wir Inverse oder Forward Kinematik verwenden? Nun zunächst möchte ich mal den Unterschied zwischen beiden Arten erklären.

Bei FK gehorchen nur die Kinder ihrem Papi. D.h.: ihr dreht die Schulter, der Rest des Arms dreht sich mit ihr mit. Ihr verdreht das erste Handgelenk (Hand01_li), nur die restlichen Handknochen drehen sich mit, während der Rest starr bleibt.
Forward Kinematik ist wie eine gut funktionierende Familie: Vater spricht, der Rest gehorcht! Die Mutter hört zwar auf das was ihr Mann sagt, läßt sich von ihren Kindern aber nicht unterkriegen. Der Jüngste in der Familie hält den Rand, und trottet immer nur dumm seinen großen Brüdern und den Eltern hinterher.

IK ist da etwas inverser. Hier hat der Kleinste ein entscheidendes Wort mitzureden: "Papi! Mami! Ich will Eis!!" Der Kleine rennt zum Eisstand, während sich alle anderen an den Händen fassen. Der Vater steht eisern auf seinem Platz, während die Brüder und die Mutter von ihrem jüngsten Sprößling mitgerissen werden. Jetzt kommts darauf an wie lang die Arme der Familie sind: sind sie lang genug kommt der Kleinste zu seinem Eis, wenn nicht streckt und spannt sich die gesamte Familie bis aufs äußerste, der Kleine erreicht die Eisbude aber nicht, weil Papi eisern ist und sich nicht vom Fleck rührt.
So wäre es auch bei eurem Arm, wenn ihr IK verwendet: das letzte Handglied wird zu einem Führungsobjekt. Die gesamte Kette versucht eine Verbindung zu dem letzten Handglied aufrechtzuerhalten, und folgt ihm überall hin. Nur wenn der Arm nicht mehr weiter gestreckt werden kann, sagt die Schulter: "Sorry, bis hierhin und nicht weiter!"

Ein Beispiel:
Stellen wir uns vor, unser Arm soll später mal ein Glas ergreifen und zum Mund führen. Mit FK recht aufwendig: Zuerst den Oberarm in Position bringen, dann den Unterarm. Dann das Umgreifen des Glases: Jedes Handglied muß einzeln hingedreht werden, bis die Hand in eine rundliche Form gebracht wird, die das Glas umgreift. Umständlich, aber eindeutig. Wenn erstmal Ober- und Unterarm in Position gebracht wurden muß man sich nur noch um die Hand kümmern. Bei der Hand ist es genauso: Wenn die Handwurzelknochen da sind wo sie hingehören, muß man nur noch Hand02 und Hand03 zurechtdrehen.

Mit IK siehts anders aus: Angenommen die Schulter ist dem Glas nahe genug, daß sie ein Ausstrecken des Armes bis zum Glas hin erlaubt. Ihr schiebt Hand03 Richtung Glas, und Oberarm, Unterarm und die restlichen Handknochen folgen ihm. Eigentlich toll! Man muss nur Hand03 verschieben, der funktioniert automatisch! Nur beim Umgreifen des Glases werdet ihr ein Problem haben: Wie soll man die umgreifende Handposition erreichen, wenn alle nur dem letzten Glied hinterherdackeln? Das geht nicht (zumindest nicht ohne Tricks. Es gibt natürlich Möglichkeiten soetwas auch über IK zu animieren, das würde jetzt aber zu weit führen).

Ein weiteres IK-Problem: euer Arm schlackert dabei meist wild durch die Gegend, unkontrollierte Zuckungen sind bei IK an der Tagesordnung. Es ist zwar in gewissem Maße möglich einzelnen Bones Prioritäten, bzw. Beschränkungen aufzuerlegen (z.B. bevor sich Oberarm oder Unterarm bewegen, soll sich erstmal die Schulter in die richtige Position ausrichten). Aber all das funktioniert aus meiner Erfahrung nur theoretisch, praktisch stößt man bei so komplexen Bewegungsabläufen wie denen eines menschlichen Armes, nur immer wieder auf Probleme.

Fazit: FK rules! Einzige Ausnahme: bei Füßen ist der Einsatz von IK sehr Vorteilhaft. Dazu aber mehr im nächsten Character-Tutorial....:)
Deshalb: Für Arme und Oberkörper (Wirbelsäule) am besten FK verwenden. Das ist jedenfalls meine Meinung. Es mag Leute geben die da anders darüber denken. Ich kann nur aus eigener Erfahrung sprechen: IK hat mich immer nur den letzten Nerv gekostet (und tut es auch immer noch). Und auch daß Profis immer noch mit FK arbeiten, zeigt, daß IK nicht der Allheilbringer sein kann.

Die Animation:

Ein schwieriges Kapitel... Es hat wohl nicht viel Sinn jetzt zu sagen: gehe zu Frame 10 und rotiere den Oberarm um 2,5 Grad um seine lokale x-Achse.... Solche Sachen muß jeder für sich alleine herausfinden. Trotzdem noch ein paar kleine Tips die die Animation erleichtern:

Verwendet Achsen-Beschränkungen!

Momentan könnt ihr jedes Gelenk des Armes in jeder beliebigen Richtung verdrehen. Anatomisch gesehen unmöglich. So erlaubt der Unterarm eigentlich nur eine Beugeachse, und eine Drehung um sich selbst herum. Aktiviert also den Unterarm, wechselt in die Hierarchie-Palette und klickt auf die Schaltfläche Verkn.-Info. Wechselt in das Rollout "Sperren" und macht ein Häckchen in die Box "Drehen: X". Die (lokale!) y-Achse bleibt frei, schließlich soll der Unterarm sich ja noch beugen können. Die z-Achse ebenso, damit sich der Unterarm um seine z-Achse drehen kann.

Auch bei den Fingern könnt ihr die Achsenbeschränkungen anwenden. So sollte sich Hand02_li und Hand03_li zwar um ihre x- und y-Achsen drehen lassen, nicht jedoch um die z-Achse.

Solche Beschränkungen anzuwenden ist eine leichte Hilfe beim Animieren. Wenn ihr mal eine Animation über 100 Frames macht, werdet ihr sehr schnell feststellen, daß es manchmal recht schwierig sein kann, den Überblick zu behalten. Extreme Verdrehungen des Armes schleichen sich ein, die normalerweise gar nicht möglich wären.

Macht euer Skelett und einzelne Bones farbig!

Die Quader sehen von allen Seiten gleich aus. Beim Animieren und rumdrehen des Armes kann es schnell passieren, daß man die Orientierung verliert, und die Unterseite eines Armes plötzlich oben liegt. Ich habe deshalb ein Multi-Unterobjekt-Material auf die Arme gelegt, und somit die Unterseite des Arms eingefärbt. Das hilft mir z.B. Handinnenfläche von Handrücken leichter zu unterscheiden. Wenn Ihr Eure Arme nach meiner Methode baut, reicht ein Multi-Unterobjekt-Material mit 6 verschiedenen Mat-Ids. Die 5te Mat-ID ist dann die Unterseite eures Arms. Oder einfacher: guckt Euch die BeispielDatei Arm03.max an.

Arbeitet beim Animieren mit dem Lokalen Koordinatensystem

Zusammen mit dem Transformations-Gizmo (dem gelben XYZ-Achsenkreuz) in den Viewports, eine große Hilfe die Orientierung zu bewahren.

Macht Selbstversuche und kauft Euch ein Anatomie-Buch!

Wenn ihr ein Skelett aufbaut, überlegt euch genau wie euer eigenes Skelett funktioniert. Macht extreme Bewegungen, und beobachtet dabei, wie sich eure Gelenke drehen lassen, und wo die Grenzen liegen. Kratzt euch z.B. am Hinterkopf: Nicht nur der Oberarm bewegt sich, nein auch die Schulter geht mit nach oben. Beobachtet dabei um welche Achsen sich eure Gelenke dabei drehen.
Zum besseren Verständnis kauft euch ein Anatomiebuch. Darin kann man sich einiges abgucken. Nicht nur zum Animieren, sondern auch zum Modeling hervorragend geeignet. Ihr könnt Proportionen abmessen, erkennt besser wo die Schulter ihren Schwerpunkt hat, wo Muskelstränge liegen, usw... Ein sehr gutes und einigermaßen günstiges Buch ist die "Anatomische Zeichenschule", ISBN 3-89508-222-8. Kostet 50 Mark, und hat wunderbar detailierte Zeichnungen von Mensch und Tier auf gut 580 Seiten.

Die Maxdatei "Arm03.max" zeigt den letzten Stand des Armes. Mit Achsenbeschränkungen und Einfärbung der Armunterseite. Ihr könnt mal versuchen ihn zu animieren. Als Beispiel habe ich einen winkenden Arm als Maxdatei (arm_anim.max) beigelegt. Ist nicht perfekt, aber ein Arm ohne Körper sieht auch einfach bescheiden aus....vielleicht erkennt man auch, daß ich mir für die ganze Animation nur 5 Minuten Zeit gelassen habe ;)

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