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Einleitung:
Eines der wohl
schönsten Dinge im 3d-Bereich sind wohl Characteranimationen. Allerdings
gilt es viele Hindernisse zu überwinden, bis man einen wirklich
gut funktionierenden Charakter erschaffen hat: Erstmal das Modelling
(hierfür gibts vorerst kein Tutorial), dann das erstellen eines
Skeletts, mit dem man anschließend das Modell des Characters verknüpft
(z.B. mit Phsique oder dem Haut-(Skin-Modifier). Und schlussendlich
die Animation.
Neben dem
Modell an sich, braucht man vorallem das Verständnis ein Skelettsystem
aufzubauen, welches sich letztendlich auch gut animieren läßt.
Ich selbst bin gerade erst dabei mich in diese Materie einzuarbeiten,
trotzdem glaube ich, daß es sich nun schon lohnt ein kleines Tutorial
dazu zu schreiben. Allerdings solltet Ihr dieses Tutorial nicht als
die Heilige Bibel betrachten! Es ist nur ein Weg von vielen, einen Character
zu bonen, und sicherlich nicht der eleganteste.
Hier auch
ein Aufruf in eigener Sache: Es gibt mit Sicherheit den einen oder anderen,
der in diesem Gebiet mehr Ahnung hat als ich. Gerade von diesen Leuten
wäre ich sehr an einer kritischen Bewertung des Tutorial interessiert.
Aber auch die Meinung unerfahrener User ist mir wichtig! Was könnte
an dem Tut besser sein, ist es totaler Schrott oder hat eure Erwartungen
erfüllt? Vergesst dabei aber nicht, daß es sich hier nur
um den ersten Teil handelt! Es werden noch ein paar weitere folgen,
bis ein kompletter Character zum Leben erweckt wurde...
Und noch etwas
anderes vorneweg: Warum nicht Character-Studio benutzen? Sicherlich
hat CS seine Daseinsberechtigung und viele Dinge werden einem damit
abgenommen. Leider ist man bei CS2.2 immernoch auf Bipeds (Zweibeiner)
beschränkt. Bei einem Pferd oder einem Skorpion ist man dann total
aufgeschmissen. Deshalb: lieber gleich richtig anfangen, und die Basics
der Characteranimation kennen, als sich auf die dämlichen, sturen
Automatismen von CS zu verlassen.
Dennoch ist der Kauf einer CS-Lizenz von Vorteil: allein wegen des beiliegenden
Physique-Modifiers, der es erlaubt das Skelett eines Characters mit
einem Mesh zu verknüpfen. MaxR3 bietet zwar den Haut-(Skin-)Modifikator
an, der jedoch in seinen Features sehr beschränkt ist. Eine weitere
Alternative ist Bones Pro von Digimation (leider kenne ich das Plugin
nur rudimentär, kann also nicht näher darauf eingehen). Die
Funktionen von Bones Pro ähneln aber denen von Physique.
In diesem Tutorial
lernt Ihr einige Grundbegriffe über FK (forward Kinematik) und
IK (Inverse Kinematik). Ohne etwas über deren Funktionsweisen zu
wissen, ist es kaum möglich ein vernüftiges Skelett für
Euren Character zu bauen.
Fangen wir mit
der simpeln FK an: Man spricht bei Kinematik immer von Parent und Childs
(Papa und Kind). Kinematische Systeme sind immer irgendwelche Ketten
von Objekten, die einander unter- bzw. übergeordnet sind. Dabei
ist das Parentobject immer der Chef, gibt an wohin sich der Rest (die
untergeordneten Childs) hinbewegen oder -drehen müssen. Beginnen
wir mit einem einfachen Beispiel, einem Arm:
Die Konstruktion
der Bones (Knochen):
Zieht Euch im Ansichtsfenster
von links (!, das ist wichtig, warum erkläre ich gleich) einen
simplen Quader auf (20x20x100). Beginnt im Weltmittelpunkt (dort wo
sich die schwarzen Linien kreuzen) mit einer qaudratischen Grundfläche
(20x20) und zieht dann den Quader erst in die Länge (x100 Einheiten).
Wenn ihr nun in der Änderungspalette
an der Länge des Quaders herumspielt, wächst der Quader immer
vom Weltmittelpunkt aus nach links oder nach rechts (diesen Effekt könnt
ihr nur in den Ansichtsfenstern von oben, bzw. von vorne beobachten).
Zieht
Euch einen ähnlichen Quader nun aus der Ansicht von "Oben"
auf: achtet dabei darauf, das er dieselbe Ausrichtung hat, wie in Bild
1 zu sehen. Wenn ihr beide Quader aktiviert, als Referenz-Koordinatensystem
"lokal"
und als Auswahlmittelpunkt
verwendet (beide Schaltflächen sind in der Hauptsymbolleiste zu
finden), erkennt ihr schnell die Problematik.
Quader 1(grün)
ist der erste, "richtige" Quader. Sein "lokales"
Koordinatensystemkreuz liegt genau auf dem Weltmittelpunkt. Die Z-Achse
zeigt im Bild nebenan nach links. Wenn Ihr die Höhe dieses Quaders
ändert, ändert ihr die Höhe entlang seiner lokalen Z-Achse
nach links.
Anders ist es bei
dem zweiten Quader (rot), den ihr im Ansichtsfenster von "oben"
aufgezogen habt: seine lokale Z-Achse zeigt nach oben, d.h. wenn ihr
die Höhe dieses Quaders verändert, ändert ihr auch hier
die Höhe in Richtung der lokalen Z-Achse. Da diese bei Quader 2
aber anders ausgerichtet ist wird der Quader nicht länger (jetzt
rein vom optischen Aspekt her betrachtet), sondern höher (diese
Auswirkung könnt ihr jedoch nur in anderen Ansichtsfenstern beobachten,
von oben gesehen tut sich gar nix, da euch Quader 2 dann entgegenwächst).
Es genügt
aber eigentlich schon ein Blick in die Änderungspalette: Quader
1 hat folgende Ausmaße: Länge20/Breite20/Höhe100. Quader
2 jedoch Länge20/Breite100/Höhe-20. Die zwei Quader haben
optisch die gleiche Form, sind aber unterschiedlich konstruiert worden.
Verwirrt? Dann
lest euch die Zeilen nochmals, Schritt für Schritt durch. Achtet
dabei von welchem Ansichtsfenster die Rede ist, und ob nun Höhe
oder Breite eines Quaders gemeint ist. Wichtig ist, daß Ihr versteht,
warum ein Quader seinen "Lokalen Schwerpunkt" dort hat, wo
er eben ist, und wohin die "lokale" Z-Achse zeigt: Immer aus
dem Ansichtsfenster, in welchem ihr den Quader aufzieht, zu Euch heraus.
Was ist daran nun
so wichtig?? Wenn ihr ein Kinematisches-System erstellt (egal ob nun
IK oder FK), ist es extrem wichtig gleich von Anfang an darauf zu achten
wo sich die Schwerpunkte der einzelnen Glieder befinden. Ein Grund dafür
ist, daß sich die Glieder in einer kinematischen Kette immer um
ihren lokalen Schwerpunkt drehen. Was nutzt euch also ein Oberarmknochen,
der seinen Schwerpunkt in der Mitte hat, wenn er sich aber um sein Ende
(an der Schulter) rotieren lassen soll??
Es ist sehr ärgerlich ein Skelett aufzubauen, und im Nachhinein
festzustellen, daß die Schwerpunkte einzelner Knochen einfach
nicht da sind wo sie hingehören. Die Schwerpunkte im Nachhinein
dann an Ihren richtigen Platz zu schieben ist meist mehr Aufwand, als
das Skelett nochmals richtig aufzubauen.
Beginnen
wir also mit einem einfachen Arm: Setzt Euer Max zurück (Datei,
zurücksetzen), und beginnt nochmals im Ansichtsfenster von "Links"
einen Quader aufzuziehen. Er sollte die Größe von 20x40x60
haben. Dabei soll sein Schwerpunkt im Weltmittelpunkt liegen. Wenn Ihr
mit der Snap-Funktion
arbeitet, tut Ihr euch leichter.
Vergesst nicht: immer in dem Fenster, in welchem ihr einen Quader aufzieht,
zeigt die lokale Z-Achse des entstehenden Quaders zu euch (aus dem Monitor
heraus). In der Perspektivansicht im Bild nebenan blicken wir leicht
von vornelinks auf den Quader. Auch hier kann man schön erkennen,
das die lokale Z-Achse nach Links weist, x nach vorne, und y- in die
Höhe. Die Ausmaße des Quaders betragen 20x40x60, 20 Einheiten
in der lokalen y-Richtung, 40 in der lokalen x-Richtung und 60 Einheiten
in der lokalen z-Richtung (der Höhe).
Dieser Quader bildet
unsere Schulter (wird von Anfängern in der Charkteranimation gerne
vergessen, ist aber wichtig!). In der Änderungspalette
habt ihr die Möglichkeit den "Quader" in "Schulter_li"
(die Linke Schulter) umzubenennen. Das ist später beim Einsatz
von Skin oder Physique von großem Vorteil wenn die Bones richtige
Namen haben, anstatt "Quader32" zu heissen. Man behält
einen besser Überblick!
Danach solltet
ihr noch folgendes beherzigen: Aktiviert Eure Schulter, wechselt in
die Bewegungspalette
und öffnet dort das Rollout "Controller" zuweisen. Klick
auf "Drehung:TCB-Drehung", so daß die Schrift markiert
ist. Klickt dann ein Stückchen weiter oben auf den grünen
Pfeil "Controller zuweisen" .
Wählt daraufhin in der erscheinenden Liste "Lokal Euler-XYZ"
aus. Bevor Ihr auf OK drückt, klickt auf die Schaltfläche
"als Vorgabe" und beantwortet die erscheinende Frage mit "Ja".
Was soll
das ganze? Max benutzt verschiede
Methoden (Controller eben) eine Rotation zu steuern. Die eine ist die
"TCB-Drehung", eine andere die "Lokale Euler-Drehung".
Ein wichtiger Unterschied ist der, daß bei Benutzung der "Lokalen
Euler-Drehung" in der Spuransicht, BezierSplines die Drehung visuell
darstellen (für jede Rotations-Achse xyz einzeln). Dies ist bei
der TCB-Drehung nicht der Fall! Wenn es dann um Dinge geht, wie Beschleunigung
(EaseIn, EaseOut), hat man bei Verwendung der "Lokalen Euler-Drehung"
eindeutig den größeren Joker in der Hand. Die "TCB-Drehung"
ist eigentlich schon eher veraltet und ist zu unübersichtlich.
(Dies ist übrigens ein großer Vorteil dem CS-Biped gegenüber,
welches immernoch mit dem TBC-Controller gesteuert wird!).
Dadurch, daß
Ihr die "Lokale Euler-Drehung" nun als Vorgabe festgesetzt
habt, braucht Ihr Euch in Zukunft keine Gedanken mehr über TCB
und Euler machen. Jedem neuen Quader wird automatisch die "lokale
Euler-Drehung" als Controller verpasst. Ihr könnt dies wieder
rückgängig machen, wenn ihr wieder den TCB-Controller als
Vorgabe anwählt (was ich allerdings nicht empfehle ;).
Nun aber weiter
im Text:
An die Schulter
folgt der Oberarm. Ihr könntet nun erneut einen Quader aufziehen,
ich bevorzuge jedoch die Klon-Funktion:
Wechselt
in das Ansichtsfenster von "Oben" und bewegt die "Schulter_li"
mit gedrückter Shift-Taste nach links, bis der Klon in etwa an
das Original anschließt. Das Bild links verdeutlicht die Situation
besser. Ihr könnt erkennen das beide Quader dieselbe Orientierung
haben, ihr lokalen Schwerpunkte zeigen in die gleiche Richtung. Benennt
nun die geklonte Schulter in "Oberarm_li" um.
Nun
müßt ihr noch die Größe verändern: Ein Oberarm
ist länger, und etwas dünner als die Schulter. Wechselt in
die Änderungspalette des "Oberarm_li" und gebt folgende
Werte ein 18x25x130. Je nach Statur des Characters, den ihr mit diesem
System mal verbonen werdet, sind die Größenverhältnisse
natürlich anders, und müssen der jeweiligen Situation angepasst
werden.
(Normalerweise hat
man, während des Erstellens der Bones, den Charakter eingefroren
im Hintergrund liegen, und kann sich so an den Proportionen des Meshs
orientieren. Für dieses Einstiegstutorial, ist dies jedoch noch
nicht notwendig).
Wiederholt
die letzten paar Schritte und baut Euch somit noch einen Unterarm (klonen,
umbenennen, Größe auf 18x25x110 ändern).
Was nun noch fehlt ist eine Hand. Auch hier verwenden wir das gleiche
System: Klonen, umbenennen, Größe ändern). In diesem
Beispiel verwenden wir eine einfache Hand aus drei Gliedern, jedoch
ohne Finger. Das Bild links zeigt den fertigen Arm, inkl. Hand. Die
beiliegende Maxdatei "Arm01.max" spiegelt diesen Zwischenstand
wieder.
Achtet darauf,
das alle Quader immer die gleiche lokale z-Achse besitzen. Beim Anpassen
der Größen ist es euch vielleicht schon aufgefallen, das
ihr immer die "Höhe" verändert habt, um die Z-Länge
eines Gliedes anzupassen. Wenn man sich diesen Weg einprägt, ist
es nach dem 3 Character schon Routine geworden, und ein Arm ist in 3
Minuten fertiggebaut.
Ihr könnt
nun mit eurem Arm weitermachen, ich empfehle jedoch die Maxdatei "Arm01.max"
zu laden, damit wir auch sicher vom gleichen sprechen und keine Mißverständnisse
auftreten.
Das Verlinken
der Bones:
Egal ob wir nun
IK oder FK verwenden, Bones müssen verlinkt werden. Auch die Richtung
der Verlinkung ist immer die gleiche: vom Kind zum Papa, egal mit welcher
Methode (IK oder FK) nachher animiert wird. Überlegt mal: wer ist
jetzt Papa, wer Kind? ...... denk.... denk..... die Schulter ist der
Papa des gesamten Arms. Das allerletzte Handglied (Hand03_li) ist das
letzte Kind (und muss somit allen anderen folgen). Wenn Papa Schulter
sagt: "Wir gehen jetzt links!", zieht der Rest der darunterliegenden
Kette mit.
Also beginnen wir
nun mit dem Verlinken. Das dazu benötigte Werkzeug findet ihr in
der Hauptsymbolleiste und sieht so aus
(wenn ihr eine Verknüpfung zwischen zwei Objekten wieder trennen
möchtet, benutzt ihr das danebenliegende Werkzeug
). Wie gesagt, man verlinkt immer vom Kind zum Papa, also aktiviert
das Objekt Hand03_li und zieht mit gedrückter linker Maustaste
rüber auf Hand02_li. Beobachtet dabei die grau-gestrichelte Linie,
die dabei entsteht. Wenn ihr mit eurer Maus über Hand02_li angelangt
seid, verwandelt sich der Mauszeiger in das Verknüpfungssymbol,
und ihr könnt die Maustaste loslassen. Ein kurzes weisses Aufblinken
verrät Euch, daß die Verknüpfung erstellt wurde. Hand02_li
ist nun der Papa von Hand03_li.
Nun geht es weiter
mit der Verlinkung von Hand02_li mit Hand01_li. Wieder dasselbe Spiel.
Aktiviert Hand02_li, zieht mit dem Verknüpfungswerkzeug
(linke Maustaste gedrückt) rüber zu Hand01_li, Maustaste loslassen,
Verknüpfung erstellt. Usw..usw... bis ihr letztendlich den Oberarm
mit der Schulter verknüpft habt. Fertig....!
Nun geht es an's
Überprüfen eurer Verlinkung. Benutzt dazu das Bewegen-Werkzeug
, und
wählt z.B. den Unterarmknochen durch die Gegend. Während Schulter
und Oberarm stehen bleiben sollten, folgen die drei Handbones brav ihrem
Papi: dem Unterarm.... Macht das Verschieben mit strg+Z wieder rückgängig
und verschiebt nun die Schulter. Der ganze restliche Arm folgt (schließlich
ist die Schulter ja soetwas wie Big-Papi!). Wenn ihr nur den letzten
Handbone verschiebt, folgt ihm niemand (die letzen Glieder haben schließlich
nie was zu sagen!).
Ihr habt nun eine
Kinematische Kette, verlinkte Bones, mit korrekten Schwerpunkten. Falls
Ihr hier Probleme gehabt habt, einfach nochmal von vorne anfangen, oder
die nächste Max-Datei "Arm02.max" laden.
Noch ein kleiner
Tip: mit den Bild-auf und Bild-ab Tasten, könnt ihr ebenfalls die
korrekte Verlinkung eurer Kette überprüfen. Dabei hüpft
ihr bequem von einem Glied zum nächsten. Beim der späteren
Arbeit mit Kinematischen Sachen sehr von Vorteil!
IK oder FK?
Wir sind nun an
einem Punkt angelangt, wo wir uns für eine Methode des Animierens
entscheiden müssen. Wollen wir Inverse oder Forward Kinematik verwenden?
Nun zunächst möchte ich mal den Unterschied zwischen beiden
Arten erklären.
Bei FK gehorchen
nur die Kinder ihrem Papi. D.h.: ihr dreht die Schulter, der Rest des
Arms dreht sich mit ihr mit. Ihr verdreht das erste Handgelenk (Hand01_li),
nur die restlichen Handknochen drehen sich mit, während der Rest
starr bleibt.
Forward Kinematik ist wie eine gut funktionierende Familie: Vater spricht,
der Rest gehorcht! Die Mutter hört zwar auf das was ihr Mann sagt,
läßt sich von ihren Kindern aber nicht unterkriegen. Der
Jüngste in der Familie hält den Rand, und trottet immer nur
dumm seinen großen Brüdern und den Eltern hinterher.
IK ist da etwas
inverser. Hier hat der Kleinste ein entscheidendes Wort mitzureden:
"Papi! Mami! Ich will Eis!!" Der Kleine rennt zum Eisstand,
während sich alle anderen an den Händen fassen. Der Vater
steht eisern auf seinem Platz, während die Brüder und die
Mutter von ihrem jüngsten Sprößling mitgerissen werden.
Jetzt kommts darauf an wie lang die Arme der Familie sind: sind sie
lang genug kommt der Kleinste zu seinem Eis, wenn nicht streckt und
spannt sich die gesamte Familie bis aufs äußerste, der Kleine
erreicht die Eisbude aber nicht, weil Papi eisern ist und sich nicht
vom Fleck rührt.
So wäre es auch bei eurem Arm, wenn ihr IK verwendet: das letzte
Handglied wird zu einem Führungsobjekt. Die gesamte Kette versucht
eine Verbindung zu dem letzten Handglied aufrechtzuerhalten, und folgt
ihm überall hin. Nur wenn der Arm nicht mehr weiter gestreckt werden
kann, sagt die Schulter: "Sorry, bis hierhin und nicht weiter!"
Ein Beispiel:
Stellen wir uns vor, unser Arm soll später mal ein Glas ergreifen
und zum Mund führen. Mit FK recht aufwendig: Zuerst den Oberarm
in Position bringen, dann den Unterarm. Dann das Umgreifen des Glases:
Jedes Handglied muß einzeln hingedreht werden, bis die Hand in
eine rundliche Form gebracht wird, die das Glas umgreift. Umständlich,
aber eindeutig. Wenn erstmal Ober- und Unterarm in Position gebracht
wurden muß man sich nur noch um die Hand kümmern. Bei der
Hand ist es genauso: Wenn die Handwurzelknochen da sind wo sie hingehören,
muß man nur noch Hand02 und Hand03 zurechtdrehen.
Mit IK siehts anders
aus: Angenommen die Schulter ist dem Glas nahe genug, daß sie
ein Ausstrecken des Armes bis zum Glas hin erlaubt. Ihr schiebt Hand03
Richtung Glas, und Oberarm, Unterarm und die restlichen Handknochen
folgen ihm. Eigentlich toll! Man muss nur Hand03 verschieben, der funktioniert
automatisch! Nur beim Umgreifen des Glases werdet ihr ein Problem haben:
Wie soll man die umgreifende Handposition erreichen, wenn alle nur dem
letzten Glied hinterherdackeln? Das geht nicht (zumindest nicht ohne
Tricks. Es gibt natürlich Möglichkeiten soetwas auch über
IK zu animieren, das würde jetzt aber zu weit führen).
Ein weiteres IK-Problem:
euer Arm schlackert dabei meist wild durch die Gegend, unkontrollierte
Zuckungen sind bei IK an der Tagesordnung. Es ist zwar in gewissem Maße
möglich einzelnen Bones Prioritäten, bzw. Beschränkungen
aufzuerlegen (z.B. bevor sich Oberarm oder Unterarm bewegen, soll sich
erstmal die Schulter in die richtige Position ausrichten). Aber all
das funktioniert aus meiner Erfahrung nur theoretisch, praktisch stößt
man bei so komplexen Bewegungsabläufen wie denen eines menschlichen
Armes, nur immer wieder auf Probleme.
Fazit: FK rules!
Einzige Ausnahme: bei Füßen ist der Einsatz von IK sehr Vorteilhaft.
Dazu aber mehr im nächsten Character-Tutorial....:)
Deshalb: Für Arme und Oberkörper (Wirbelsäule) am besten
FK verwenden. Das ist jedenfalls meine Meinung. Es mag Leute geben die
da anders darüber denken. Ich kann nur aus eigener Erfahrung sprechen:
IK hat mich immer nur den letzten Nerv gekostet (und tut es auch immer
noch). Und auch daß Profis immer noch mit FK arbeiten, zeigt,
daß IK nicht der Allheilbringer sein kann.
Die Animation:
Ein schwieriges
Kapitel... Es hat wohl nicht viel Sinn jetzt zu sagen: gehe zu Frame
10 und rotiere den Oberarm um 2,5 Grad um seine lokale x-Achse.... Solche
Sachen muß jeder für sich alleine herausfinden. Trotzdem
noch ein paar kleine Tips die die Animation erleichtern:
Verwendet Achsen-Beschränkungen!
Momentan könnt
ihr jedes Gelenk des Armes in jeder beliebigen Richtung verdrehen.
Anatomisch gesehen unmöglich. So erlaubt der Unterarm eigentlich
nur eine Beugeachse, und eine Drehung um sich selbst herum. Aktiviert
also den Unterarm, wechselt in die Hierarchie-Palette
und klickt auf die Schaltfläche Verkn.-Info. Wechselt in das
Rollout "Sperren" und macht ein Häckchen in die Box
"Drehen: X". Die (lokale!) y-Achse bleibt frei, schließlich
soll der Unterarm sich ja noch beugen können. Die z-Achse ebenso,
damit sich der Unterarm um seine z-Achse drehen kann.
Auch bei den
Fingern könnt ihr die Achsenbeschränkungen anwenden. So
sollte sich Hand02_li und Hand03_li zwar um ihre x- und y-Achsen drehen
lassen, nicht jedoch um die z-Achse.
Solche Beschränkungen
anzuwenden ist eine leichte Hilfe beim Animieren. Wenn ihr mal eine
Animation über 100 Frames macht, werdet ihr sehr schnell feststellen,
daß es manchmal recht schwierig sein kann, den Überblick
zu behalten. Extreme Verdrehungen des Armes schleichen sich ein, die
normalerweise gar nicht möglich wären.
Macht euer Skelett
und einzelne Bones farbig!
Die Quader sehen
von allen Seiten gleich aus. Beim Animieren und rumdrehen des Armes
kann es schnell passieren, daß man die Orientierung verliert,
und die Unterseite eines Armes plötzlich oben liegt. Ich habe
deshalb ein Multi-Unterobjekt-Material auf die Arme gelegt, und somit
die Unterseite des Arms eingefärbt. Das hilft mir z.B. Handinnenfläche
von Handrücken leichter zu unterscheiden. Wenn Ihr Eure Arme
nach meiner Methode baut, reicht ein Multi-Unterobjekt-Material mit
6 verschiedenen Mat-Ids. Die 5te Mat-ID ist dann die Unterseite eures
Arms. Oder einfacher: guckt Euch die BeispielDatei Arm03.max an.
Arbeitet beim
Animieren mit dem Lokalen Koordinatensystem  
Zusammen mit
dem Transformations-Gizmo (dem gelben XYZ-Achsenkreuz) in den Viewports,
eine große Hilfe die Orientierung zu bewahren.
Macht Selbstversuche
und kauft Euch ein Anatomie-Buch!
Wenn ihr ein
Skelett aufbaut, überlegt euch genau wie euer eigenes Skelett
funktioniert. Macht extreme Bewegungen, und beobachtet dabei, wie
sich eure Gelenke drehen lassen, und wo die Grenzen liegen. Kratzt
euch z.B. am Hinterkopf: Nicht nur der Oberarm bewegt sich, nein auch
die Schulter geht mit nach oben. Beobachtet dabei um welche Achsen
sich eure Gelenke dabei drehen.
Zum besseren Verständnis kauft euch ein Anatomiebuch. Darin kann
man sich einiges abgucken. Nicht nur zum Animieren, sondern auch zum
Modeling hervorragend geeignet. Ihr könnt Proportionen abmessen,
erkennt besser wo die Schulter ihren Schwerpunkt hat, wo Muskelstränge
liegen, usw... Ein sehr gutes und einigermaßen günstiges
Buch ist die "Anatomische Zeichenschule", ISBN 3-89508-222-8.
Kostet 50 Mark, und hat wunderbar detailierte Zeichnungen von Mensch
und Tier auf gut 580 Seiten.
Die Maxdatei "Arm03.max"
zeigt den letzten Stand des Armes. Mit Achsenbeschränkungen und
Einfärbung der Armunterseite. Ihr könnt mal versuchen ihn
zu animieren. Als Beispiel habe ich einen winkenden Arm als Maxdatei
(arm_anim.max) beigelegt. Ist nicht perfekt, aber ein Arm ohne Körper
sieht auch einfach bescheiden aus....vielleicht erkennt man auch, daß
ich mir für die ganze Animation nur 5 Minuten Zeit gelassen habe
;)
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